GGR Finanzen – erstes Jahr

In meinem ersten Jahr hinterfragte ich wirklich alles. Für mich waren viele Dinge normal – seit Jahren so gelebt im Bundesdienst – die auf der Gemeinde einfach anders liefen. Und ich wollte wissen warum. Und ich wollte die geltende Grundlagen wissen. Wo gilt ein Bundesgesetz? Wo gibt es ein eigenes Landesgesetz?

Ich bekam eine Grundlage nach der anderen übermittelt. Nur beim Thema Beschaffung tat sich eine kleine Herausforderung auf. Ich arbeite im Bundesdienst auf Grundlage des Bundesvergabegesetzes (BVergG). Wir arbeiten dabei unter anderem mit Rahmenverträgen, die alle drei Jahre erneuert bzw. einmal um bis zu zwei Jahre verlängert werden können. Doch spätestens dann müssen wir die Leistung neu ausschreiben. Und bei Direktvergaben gilt – nur bis € 100.000,– und mindestens drei Angebote. Und dann gibt es noch die Möglichkeit an den Best- oder den Billigstbieter zu vergeben.

Die Gemeinde arbeitete allerdings mit Verträgen die deutlich älter waren. Der älteste Vertrag den ich fand war aus 1999! Also ging ich davon aus, dass es für Gemeinden einfach ein anderes Gesetz gibt, als jenes mit dem ich arbeite. Doch das gab es nicht. Und so hätte man glauben können, dass die Beschaffungen auf der Gemeinde ungeregelt sind. Doch das konnte ich nicht glauben, also fragte ich einen Juristen der damit zu tun hat. Und siehe da, auch die Gemeinden unterliegen dem Bundesvergabegesetz. Doch das hieß auch, dass hier in der Vergangenheit vieles nicht richtig gehandhabt worden war!

Die Vorgaben des BVergG sind lästig und machen viel Arbeit. Wenn man keinen auf Vergaberecht spezialisierten Juristen an der Hand hat, muss man Ausschreibungen fremd vergeben, was wiederum Geld kostet. Und auch bei einfachen Vergleichsangeboten bekommt man nicht immer eine Antwort auf die Frage nach einem Angebot bzw. Kostenvoranschlag. Aber zum einen ist einfach geltendes Recht an welches sich auch die Gemeinden zu halten haben und zum anderen hilft es langfristig Geld zu sparen. Wenn man Verträge nie hinterfragt und die Preisangemessenheit prüft, dann zahlt man langfristig drauf. Und da wir mit Steuergeldern arbeiten, ist es nun mal unabdingbar, dass wir uns daran halten.

Und so begannen wir alle Rahmenverträge neu auszuschreiben und pochten auf entsprechende Vergleichsangebote bei Direktvergaben.

Direktvergaben bis € 100.000,–

Mit Ende 2022 endete der Zeitraum wo Direktvergaben im öffentlichen Dienst bis € 100.000,– möglich waren. Ab 1.1.2023 galt der Höchstbetrag von € 50.000,– netto.

Offenbar wurde da das Auslaufen der Verordnung übersehen, denn kurz nachdem die neue Höchstgrenze galt, wurde uns im Bund gesagt, wir sollten noch ein paar Tage warten. Es gab offenbar Verhandlungen die erhöhten Schwellenwerte erneut einzusetzen.

Mit 7.2.2023 ereilte uns im Bundesministerium die Botschaft, dass die Schwellenwerte erneut erhöht worden sind. Die Schwellenwerteverordnung 2023 sieht nun wieder Direktvergaben bis € 100.000,– netto vor. Allerdings gilt die Verordnung erstmal nur bis 30. Juni 2023. In der Zwischenzeit muss das BMJ prüfen ob eine Verlängerung der Maßnahme der Schwellenwerteverordnung 2018 erforderlich ist.

Bis 30. Juni 2023 gelten nunmehr – erneut – folgende Schwellenwerte:

Baubereich € 1 Mio

Liefer- und Dienstleistungsaufträge € 100.000,–

Darüber hinausgehende Beauftragung bzw. Beschaffungen sind wie gewohnt auszuschreiben. Was natürlich mehr Zeit und Kapazitäten oder Geld kostet als einfach Vergleichsangebote einzuholen. Entweder leiste ich mir Mitarbeiter die das für mich machen oder ich muss die Ausschreibungen von externen Dienstleistern durchführen lassen.

Da die Gemeinde ebenso dem Bundesvergabegesetz unterliegt, gelten diese Werte natürlich auch für alle Aufträge der Marktgemeinde Vösendorf.

Ich hoffe nur, dass wir diesmal vor auslaufen der Verordnung wissen, wie es nach dem Stichtag weitergeht.