Konkurs einer Gemeinde

Manchmal springen mich Überschriften in Zeitungen regelrecht an. So auch

Matrei kämpft gegen Konkurs

Eine österreichische Gemeinde hat Probleme die vorhandenen Schulden zu bedienen. Und das mit weniger Schulden als wir in Vösendorf haben….

Natürlich sind die beiden Gemeinden nicht vergleichbar. Matrei ist eine Tourismusgemeinde in Osttirol, Vösendorf ein Einkaufsort im Speckgürtel von Wien.

Auch wenn ich es persönlich ungern sehe wie viel Budgetmittel jedes Jahr in die Schuldentilgung und dazugehörige Zinsen fließen, von einem Konkursszenario sind wir meilenweit entfernt. Nicht zuletzt auch wegen entsprechender Information und Achtsamkeit bei der Budgeterstellung. Ich werde nicht müde allen Bedarfsträgern immer wieder einzubläuen – Geld wächst nicht auf den Bäumen. Wir tun was wir können um so viele Projekte wie möglich jedes Jahr umzusetzen. Doch alles geht nicht gleichzeitig.

Wozu ich nichts sagen kann ist natürlich wie es zu der Situation in Matrei gekommen ist, ich vermute aber die Pandemie war sicher nicht hilfreich. Wie schwer Einnahmenausfälle kleine Gemeinden treffen, haben wir ja selbst erlebt.

In Vösendorf brauchen wir uns derzeit keine Sorgen, über die Fähigkeit der Schuldentilgung, machen. Bei uns zählen diese Ausgaben zu den Fixkosten und erst wenn die Fixkosten bedient sind, kommen die Ermessensausgaben ins Spiel. Bevor wir also unsere Gläubiger nicht bedienen können, würden wir erstmal die Ermessensausgaben reduzieren (müssen). Weniger Schulden und dadurch eine weniger hohe jährliche Belastung wäre zwar fein, aber aufgrund der Rahmenbedingungen ist ein schnellerer Schuldenabbau derzeit einfach nicht möglich.

Wobei es auch ohne Neuverschuldung mehrere Legislaturperioden dauern würde, die Schulden auf null zu reduzieren. Aber das kennt man ja auch aus dem privaten Bereich. Verschuldet ist man schnell, Schulden abbauen dauert im Normalfall gefühlt eine Ewigkeit.

Aber eines bestätigt mir die Überschrift schon, es ist nicht denkunmöglich, dass auch einen Gemeinde sich so verschuldet, dass sie ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllen kann. Und in einem Ort leben zu müssen, wo es auch keine Ermessenausgaben (Sozialleistungen, Unterstützung Vereine, Kultur- und Sportveranstaltungen, Feste, Jugendförderungen, Veranstaltungen für Kinder und Senioren, etc.) mehr gibt, stelle ich mir auch nicht sehr schön vor….

Finanzierung von Investitionen

Ich habe letztens geschrieben, dass die auf uns zukommenden Kosten mir manchmal den Atem rauben. Und das ist wirklich nicht übertrieben. Kurzfristig bekommen wir das nächste Budget immer irgendwie zusammen. Doch langfristig haben wir einen enormen Investitionsrückstau. Und dazu kommt ein enormer Schuldenstand.

Der eine oder andere wird sich fragen, warum wir nicht einfach sehr viel Geld in die Hand nehmen und die Investitionen einfach tätigen. Nun, im Gegensatz zu anderen Ebenen in Österreich, sind die Gemeinden nicht in der Lage einfach unbegrenzt Darlehen aufzunehmen. Wir müssen tatsächlich mit unserem Geld wirtschaften. Das ist wahrscheinlich ein Grund warum nach dem Jahr 2016 Investitionen aufgeschoben worden sind.

Ein sehr gutes Indiz wie es um die Bonität einer Gemeinde steht ist der KDZ-Quicktest. Hier werden die Rechnungsabschlüsse der Gemeinden in vergleichbare Kennzahlen gegossen. Und so lange wir bei diesen Kennzahlen nicht gut abschneiden, müssen wir bei hohen Neuverschuldungen das Land NÖ um Genehmigung ersuchen. Ohne Genehmigung des Landes könnten wir zur Zeit also gar nicht alle benötigten Investitionen bedienen. Wobei ich es selbst auch gar nicht darauf ankommen lassen will. Wir können uns jetzt schon kaum finanziell bewegen, eine höhere Neuverschuldung macht das Problem nicht kleiner. Im Gegenteil. Es verschiebt das Problem nur auf ein paar Jahre nach hinten.

Die wichtigste Kennzahl im Bezug auf die Verschuldung und Spielraum für Investitionen ist der FSQ (Quote freie Finanzspritze):

Die FSQ zeigt daher, wie hoch der finanzielle Spielraum für neue Projekte und Investitionen inkl. allfälliger Folgelasten nach Berücksichtigung der bestehenden Tilgungsverpflichtungen ist. Eine FSQ, die höher ist als 15 Prozent, ist ein sehr gutes Ergebnis. Eine FSQ unter 0 ist als negativ zu bewerten.

2020 war in Vösendorf der FSQ – Minus 1,4%

2021 war er – Plus 1,38%

Beides nicht berauschend, wenn auch weit weg von den Minus 27,82 % im Jahr 2010! Die Plus 15% hat Vösendorf in den letzten zwanzig Jahren übrigens nie erreicht.

Die Historie der letzten Jahre seht ihr hier

Das war jetzt für diejenigen die es ganz genau interessiert. Auf den Punkt gebracht, gilt für Gemeinden genau dasselbe wie für jeden einzelnen Haushalt.

Je mehr Schulden ich habe, desto mehr Fixkosten habe ich, desto weniger kann ich mich finanziell bewegen.

Und deshalb bewegen wir uns zur Zeit ständig in einem Spagat auf der Gemeinde. Zum einen MÜSSEN wir in gewissen Bereichen Investitionen tätigen, zum anderen MÜSSEN wir die Schulden reduzieren, wenn wir wollen dass es irgendwann besser wird. Und das beides gleichzeitig.

Darlehensaufnahme 2022

Fast haben wir es geschafft…Das ganze Jahr bis jetzt ohne Darlehensaufnahme. Leider hatte der Kanal in der Schönbrunner Allee etwas dagegen.

Wir müssen also doch ein Darlehen aufnehmen heuer. Jedoch werden wir weniger brauchen, als im Frühjahr gedacht, weshalb wir dies auch beim Entwurf des 2. NVA gleich berichtigt haben. Statt der gedachten € 1,9 Mio brauchen wir „nur“ € 1,4 Mio. Immer noch eine Menge Geld, geht aber leider nicht anders.

Bis jetzt konnten wir alle Projekte vom guten Rechnungsabschluss 2021 bedecken, doch nun lässt uns der Kontostand am Girokonto keine andere Möglichkeit zu. Bereits laufende Projekte wie die Sanierung der Schlossmauer und die Kanalsanierung auf der Schönbrunner Allee, bzw. bereits beauftragte Anschaffungen wie das HLF für die Feuerwehr, aber auch Investitionen am Wirtschaftshof müssen über Darlehen finanziert werden.

Bei der Dezembersitzung wird es also auch eine Punkt Darlehensaufnahme geben, wo auch alle Projekte konkret benannt werden. Nichts desto trotz, wird die Neuverschuldung geringer ausfallen als die Darlehenstilgung 2022. Unser Schuldenstand wird sich also wieder ein wenig reduzieren.

Geplante Projekte 2022 in Vösendorf

Bei der Budgeterstellung ist ein wichtiger Punkt, welche Projekte nehmen wir nächstes Jahr in Angriff. Dabei setzen wir den Maßstab eher eng an, da wir die Neuverschuldung bremsen wollen.

Projekte kann man zwar aus dem laufenden Budget bedecken – wenn dort was übrig bleibt, ansonsten kann man Projekte auch mit Darlehen finanzieren. Doch Darlehensfinanzierung führt unweigerlich zu höheren Fixkosten im laufenden Budget, weshalb wir das eigentlich am liebsten gar nicht machen würden. Doch dann könnten wir überhaupt keine Projekte umsetzen. Das laufende Budget ist aufgrund der Pandemie ja nach wie vor angespannt. Solange es immer wieder zu LockDowns und Ausfällen bei den Einnahmen kommt, wird sich hier die Lage auch nicht bessern.

Wir halten uns also bei den Projekten enorm zurück, einiges haben wir für heuer aber trotzdem vor:

Umwelt:

  • Mülltrennung – hier gibt es immer wieder Probleme mit den öffentlichen Müllinseln. Doch die Umrüstung kostet viel Geld, weshalb wir nicht alle auf einmal machen können. Dies ist ein Langzeitprojekt, mit dem wir bereits 2021 begonnen haben.
  • E-Tankstellen – E-Mobilität wird immer mehr. Also braucht es auch mehr Tankstellen. Und die Tendenz geht in Richtung Schnell-Lade-Stationen.
  • Umstellung auf LED – Stichwort Strom sparen. LED braucht weniger Strom und schont somit die Umwelt.
  • Photovoltaikanlagen – Die nächste ist derzeit auf dem Dach der Seebad-Kantine geplant.

Feuerwehr – nächstes Jahr steht mal wieder ein Feuerwehrauto auf dem Plan. Irgendwie wird das schon seit Jahren nix, was aber nicht am Budget liegt. Wir haben die Budgetmittel jedes Jahr zur Verfügung gestellt. So auch heuer. Dazu sind noch weitere Anschaffungen zur Unterstützung der Feuerwehr geplant und budgetiert.

Kanal – ein unsexy Thema und doch so wichtig. Ich bin ja ein Fan davon Geld in den Kanal zu stecken, auch oder gerade weil es nicht sexy ist. Es ist aber absolut notwendig. Leider wurde hier in der Vergangenheit viel zu wenig gemacht. Pläne liegen seit Jahren ohne Umsetzung in der Schublade, weil nie Geld dafür da war. Was aber auch zum Teil daran liegt, dass der größte Brocken aus dem laufenden Budget zu bedecken ist. Doch heuer haben wir ein Kanalprojekt, das wir angehen wollen. Und zwar den Kanal in der Haidfeldsiedlung

Straße – auch hier ein ähnliches Problem wie beim Kanal. Vieles ist über das laufende Budget zu decken. Was geht, wollen wir über das Projektbudget machen. Unter anderem haben wir auch die Straßensanierung, nach den Kanalumbauarbeiten budgetiert. Klingt für mich nach einem guten Plan

Schloss und Schlossmauer – auch hier werden Sanierungsmaßnahmen weitergeführt. Da eine Sanierung eine Wertsteigerung des Gebäudes bedingt, darf es über das Projektbudget abgewickelt werden. Was mich persönlich sehr freut.

Friedhof – wie jedes Jahr wird hier Budget zur Verfügung gestellt für den laufenden Ausbau. Da Vösendorf stetig wächst, wird dies auch unser Friedhof. Dieser Budgetposten wird uns erhalten bleiben.

Dorf- und Stadterneuerung und Park- und Gartenanlagen – zwei Budgetansätze die sich idealerweise ergänzen werden und unser schönes Vösendorf, noch hübscher machen