Gemeindefinanzen Vösendorf

Ich denke mir, ich muss ja die Menschen schon schön langsam nerven, aber offenbar ist es noch immer nicht überall angekommen, also möchte ich die Eckpunkte zu den Gemeindefinanzen Vösendorf nochmal wiederholen.

Vösendorf hat trotz hoher Einnahmen durch die Kommunalsteuer finanzielle Herausforderungen zu stemmen. Aus folgenden Gründen:

  1. Überschuldung welche in den letzten Jahrzehnten aufgebaut worden ist.
    2020 hatte Vösendorf Darlehen in Höhe von € 38,3 Mio. Daraus resultieren hohe Fixkosten für Tilgung und Zinsen. Trotz aller Herausforderungen in den letzten Jahren konnte der Schuldenstand allerdings reduziert werden.
  2. Hohe Fixkosten im Bereich Personalaufwand. Im Jahr 2024 wurden in diesem Bereich bereits mehr Budgetmittel benötigt, als wir an Kommunalsteuer eingenommen haben.
  3. Dazu kommen sinkende Einnahmen aufgrund der Abschaffung der kalten Progression. Der Bund hat entschieden, die Bevölkerung zu entlasten und die dadurch entstandenen Mindereinnahmen, wirken sich im Zuge des Finanzausgleiches auch auf die Gemeindeeinahmen aus (sinkende Abgabenertragsanteile)
  4. Dazu kommen jährlich höhere Transferleistungen im Bereich Gesundheit uns Soziales (NÖKAS und Sozialhilfeumlage). Und neuerdings finanzielle Rettungspakete für die Rettungsdienste, welche uns noch zusätzlich belasten.
  5. Auch die Teuerung trifft die Gemeinde, da auch die Gemeinde auf dem freien Markt Güter und Dienstleistungen ankaufen muss.

Punkt 1 liegt im Verantwortungsbereich von der Vösendorfer Gemeinderegierung.

Punkt 2 ist sehr komplex. Einsparungen sind großteils nur möglich, wenn frei werdende Arbeitsplätze nicht nachbesetzt werden. Allerdings steigt ständig das abzudeckende Leistungsspektrum – Stichwort Kinderbetreuung.

Die Punkte 3 bis 5 treffen alle Gemeinden in ganz Österreich gleichermaßen. Und wer ein wenig Zeitung liest, sieht immer wieder Meldungen von Gemeinden welche sich die Bäder nicht mehr leisten können, Sozialleistungen aussetzen, Förderungen streichen, etc.

Wer sich mehr dafür interessiert – hier in diesem Blog gibt es eine eigene Rubrik Finanzen. Hier findet man alle Beiträge seit 2021 zu dem Thema.

Alle Rechnungsabschlüsse der Gemeinde seit 2013 findet ihr auf der Homepage der Gemeinde Vösendorf.

Auf offener Haushalt findet ihr viele visuell aufbereitet Darstellungsformen für die Gemeindefinanzen ab 2001.

Wenn man sich für das Thema interessiert, gibt es also viele Möglichkeiten sich auch im Detail über die Finanzlage von Vösendorf zu informieren. Ja, es gibt nach wie vor viel zu tun, doch es ist machbar, dass Vösendorf auch durch diese schwierige Zeit kommt. In den letzten 5 Jahren haben wir schon viele Herausforderungen gemeistert! Allerdings nur wenn man vernünftig an die Sache rangeht und nicht mit Wahlversprechen die Neuverschuldung (in Millionenhöhe!) in die Höhe treiben will.

Schuldenentwicklung Vösendorf

Wie schon beschrieben, sind nur die Rechnungsabschlüsse aussagekräftig darüber, wofür die Budgetmittel verwendet worden sind, bzw. auch welche Darlehen letztendlich tatsächlich aufgenommen worden sind. Und bei der Feststellung der Schuldenentwicklung der Marktgemeinde Vösendorf ist es notwendig auch die Schulden der Kommunal GesmbH zu berücksichtigen.

Ich habe die Funktion der geschäftsführende Gemeinderätin für Finanzen im März 2020 übernommen. Damals hatte die Marktgemeinde Vösendorf (per 31.12.2019) Schulden in Höhe von

€ 38.359.816,33

davon

€ 29.491.743,49 in der Gemeinde (Quelle Rechnungsabschluss 2019) und

€ 8.868.072,84 in der Kommunal GmbH (Quelle Bilanz 2019 Kommunal GmbH)

Per 31.12.2023 betrug der Schuldenstand

€ 33.846.923,55

davon

€ 27.311.213,19 in der Gemeinde (Quelle Rechnungsabschluss 2023) und

€ 6.535.710,36 in der Kommunal GmbH (Quelle Bilanz 2023 Kommunal GmbH)

Das bedeutet wir konnten in einer Legislaturperiode die Schulden um

€ 4.512.892,78 reduzieren

Wieso war die Kommunal GesmbH so viel besser beim Abbau der Schulden? Nun, die Gemeinde hat mit der Übernahme des Sportplatzgebäudes auch das dazugehörige Darlehen von der Kommunal GesmbH übernommen, daher sank der Schuldenstand in der GesmbH und in der Gemeinde stagnierte er zwischenzeitlich.

2024 ist der Schuldenstand wieder ein wenig angestiegen, aber da es noch keine Abschlüsse gibt, will ich jetzt nicht spekulieren, wieviel genau. Ich weiß zwar die Neuaufnahmen der Darlehen, aber ich habe derzeit weder in der Gemeinde, noch in der Kommunal GesmbH eine Ist-Zahl, wieviel an Darlehen 2024 getilgt worden ist.

Es waren aber weniger € 4,5 Mio! Trotz aller Widrigkeiten konnten wir den Schuldenstand bisher also reduzieren. Leider viel zu wenig. Schulden zu reduzieren ist ja bekanntlich schwerer, als sie zu machen. Wenn man sich die Zeitachse auf offener Haushalt ansieht, sieht man dass die Gemeinde im Jahr 2001 bereits € 17.696.801,– Schulden hatte.

Trotz sprudelnder Kommunalsteuereinnahmen -wie mir die Opposition bei der letzten Sitzung erklärt hat – wurde der Schuldenstand seit 2001 nicht reduziert. Im Gegenteil! Er stieg auf € 19 Mio im Jahr 2006. 2010 dürfte dann die Kommunal GesmbH gegründet worden sein, da stiegen die Haftungen der Gemeinde und die Schulden in der Gemeinde sanken. Da dürften die Gebäude inklusive dazugehöriger Schulden verschoben worden sein. (Die Gemeinde haftet für alle Darlehen der Kommunal GesmbH zu 100%). 2015 waren die Schulden auf € 21 Mio angewachsen und dann kam der Südtower. Im Jahr 2016 explodierten dann die Schulden auf € 37 Mio.

Jährlich haben wir alleine in der Gemeinde deswegen € 2 Mio Fixkosten. Eine knappe Million geht dabei alleine in die Darlehenstilgung für den Südtower drauf.

Ja, die Kommunalsteuer sprudelt in Vösendorf zum Glück nach wie vor dank der SCS. In den guten Zeiten hat nur leider niemand daran gedacht, die Einnahmen gut anzulegen. Trotz hoher Einnahmen wurden über Jahrzehnte Schulden gemacht und ja, an diesen Schulden zahlen noch die Kinder und Enkelkinder der Vösendorferinnen und Vösendorfer. Alleine das Südtower Darlehen begleitet uns noch bis 2041.

Diesen Schuldenberg zu reduzieren war von Anfang an mein Ziel und an dem halte ich nach wie vor fest. Wegzaubern kann ich sie aber leider nicht, wir werden den mühsamen Weg gehen und sie langsam abstottern müssen.

Budgetentwicklung 2020 – 2023

Ich habe mir mal die Rechnungsabschlüsse 2020 bis 2023 angeschaut und versucht die Entwicklung grafisch darzustellen. Und zwar nur das laufenden Budget, exkl. Projekte. Warum? Weil im besten Fall beim laufenden Budget genug Geld übrig bleibt um diverse Projekte zu finanzieren.

2020 war geprägt von Einnahmenausfällen aufgrund der Schließung der SCS und wir mussten die Darlehen stunden um die Liquidität zu erhalten. Und wir haben 2020 Änderungen im System vorgenommen um unnötige Ausgaben hintanzustellen. 2021 folgte dann Aufbruchstimmung und die Ausgaben stiegen wieder, genauso wie die Einnahmen durch die Kommunalsteuer.

Die Abgabenertragsanteile stiegen bis 2022, seitdem werden die Einnahmen in diesem Bereich wieder weniger. Die Gebührenerhöhung hatte das erste Mal 2023 eine Auswirkung.

Quelle: Rechnungsabschlüsse 2020 bis 2023 der Marktgemeinde Vösendorf. Kaufmännisch gerundet

Die Ausgaben bezüglich NÖKAS waren bis voriges Jahr konstant, die wurden erst heuer ordentlich angezogen. Die Sozialhilfeumlage stieg bereits 2023 und heuer dann noch mal ordentlich.

Die Personalkosten stiegen bei etwa gleichbleibender Mitarbeiterzahl aufgrund der gesetzlich vorgeschriebenen Gehaltssteigerungen deutlich an. Und die Inflation schlug sich in den Kosten beim Sachaufwand nieder.

Quelle: Rechnungsabschlüsse 2020 bis 2023 der Marktgemeinde Vösendorf. Kaufmännisch gerundet

Bis auf das Krisenjahr 2020 waren die Einnahmen immer höher als die Ausgaben und trotzdem blieben kaum Budgetmittel für die Projekte übrig.

Quelle: Rechnungsabschlüsse 2020 bis 2023 der Marktgemeinde Vösendorf. Kaufmännisch gerundet

Und das liegt an den jährlichen Darlehenstilgungen. Aufgrund der hohen Schulden, haben wir auch hohe jährliche Fixkosten in diesem Bereich und diese sind höher, als die Budgetmittel die wir jährlich im laufenden Budget einsparen können. Was zu unserem hohen negativen Haushaltspotenzial 2023 geführt hat.

Quelle: Rechnungsabschlüsse 2020 bis 2023 der Marktgemeinde Vösendorf. Kaufmännisch gerundet

Die Schuldenreduktion war ein guter Anfang, ging aber nicht weit genug. Um die Budgetprobleme lösen zu können, müssen wir nicht nur die Schulden weiter reduzieren, sondern auch das laufende Budget sanieren.

Wir werden also nicht umhin kommen entweder

  • die Ausgaben zu reduzieren
  • die Einnahmen zu erhöhen oder
  • eine Mischung aus beidem umzusetzen

Und damit beginnen müssen wir bei der derzeit laufenden Erstellung des Nachtragsvoranschlages 2024.

1. Nachtragsvoranschlag 2023

Der 1. Nachtragsvoranschlag 2023 ist fertig und wurde im Gemeindevorstand mehrheitlich beschlossen. Im nächsten Gemeinderat am 10. Mai wird er dann öffentlich präsentiert. Besser gesagt eine Zusammenfassung. Denn der Nachtragsvoranschlag umfasst 333 Seiten und besteht aus vielen Teilen.

Der Vorbericht soll grafisch die wichtigsten Zahlen darstellen und auf Seite 21 beginnt dann das eigentliche Zahlenwerk. Die Besonderheit beim Nachtrag ist, dass es eine Spalte Voranschlag 2023, eine Spalte Nachtragsvoranschlag 2023 und eine Veränderungsspalte gibt. Er beginnt mit dem Ergebnishaushalt und dem Finanzierungshaushalt Ebene 1 und 2. Hier werden nur die Überschriften dargestellt.

Ab Seite 31 werden dann die einzelnen Bereiche der Gemeinde dargestellt. Auch wieder zuerst der Ergebnishaushalt und im Anschluss der Finanzierungshaushalt. Dann folgen Personaldaten und ein Querschnitt. Wenn ich etwas suche, tue ich das in der Aufstellung „Ergebnis- und Finanzierungshaushalt Detailnachweis“ ab Seite 103. Hier finde ich persönlich auf 125 Seiten fast alles was ich normalerweise brauche.

Ab Seite 229 werden dann die „geplanten Investitionen“ dargestellt, also die geplanten Projekte für das jeweilige Jahr, aber auch für die Folgejahre. Hier werden auch die benötigten Darlehen für die einzelnen Projekte dargestellt. Ab Seite 266 folgt dann die „Darstellung der Transferzahlung“. Sowohl jene die wir erhalten, als auch jene die wir zu leisten haben.

Es folgen die „Haushaltsrücklagen und Zahlungsmittelreserven“ und ab Seite 275 der „Einzelnachweis über Finanzschulden und Schuldendienst“. Ebenso dargestellt sind der „Nachweis über haushaltinterne Vergütungen“, der „Leasingspiegel“, der „Rückstellungsspiegel“, der „Haftungsnachweis“ und auf Seite 307 das „Haushaltspotenzial“. Zum Abschluss werden noch die Nachweise der „Vermögen mit abgeänderter Nutzungsdauer“, der „Dienstpostenplan“ und der mittelfristige Finanzplan, inkl. dem mittelfristigen Schuldenplan dargestellt.

Bis 8. Mai liegt der Nachtragsvoranschlag zur Einsichtnahme auf und nach der Gemeinderatssitzung und dazugehöriger Ratifizierung wird er natürlich auch auf der Homepage der Marktgemeinde Vösendorf dargestellt. Natürlich findet man auf der Homepage auch Voranschläge, Nachtragsvoranschläge und Rechnungsabschlüsse der letzten Jahre.

Finanzierung von Investitionen

Ich habe letztens geschrieben, dass die auf uns zukommenden Kosten mir manchmal den Atem rauben. Und das ist wirklich nicht übertrieben. Kurzfristig bekommen wir das nächste Budget immer irgendwie zusammen. Doch langfristig haben wir einen enormen Investitionsrückstau. Und dazu kommt ein enormer Schuldenstand.

Der eine oder andere wird sich fragen, warum wir nicht einfach sehr viel Geld in die Hand nehmen und die Investitionen einfach tätigen. Nun, im Gegensatz zu anderen Ebenen in Österreich, sind die Gemeinden nicht in der Lage einfach unbegrenzt Darlehen aufzunehmen. Wir müssen tatsächlich mit unserem Geld wirtschaften. Das ist wahrscheinlich ein Grund warum nach dem Jahr 2016 Investitionen aufgeschoben worden sind.

Ein sehr gutes Indiz wie es um die Bonität einer Gemeinde steht ist der KDZ-Quicktest. Hier werden die Rechnungsabschlüsse der Gemeinden in vergleichbare Kennzahlen gegossen. Und so lange wir bei diesen Kennzahlen nicht gut abschneiden, müssen wir bei hohen Neuverschuldungen das Land NÖ um Genehmigung ersuchen. Ohne Genehmigung des Landes könnten wir zur Zeit also gar nicht alle benötigten Investitionen bedienen. Wobei ich es selbst auch gar nicht darauf ankommen lassen will. Wir können uns jetzt schon kaum finanziell bewegen, eine höhere Neuverschuldung macht das Problem nicht kleiner. Im Gegenteil. Es verschiebt das Problem nur auf ein paar Jahre nach hinten.

Die wichtigste Kennzahl im Bezug auf die Verschuldung und Spielraum für Investitionen ist der FSQ (Quote freie Finanzspritze):

Die FSQ zeigt daher, wie hoch der finanzielle Spielraum für neue Projekte und Investitionen inkl. allfälliger Folgelasten nach Berücksichtigung der bestehenden Tilgungsverpflichtungen ist. Eine FSQ, die höher ist als 15 Prozent, ist ein sehr gutes Ergebnis. Eine FSQ unter 0 ist als negativ zu bewerten.

2020 war in Vösendorf der FSQ – Minus 1,4%

2021 war er – Plus 1,38%

Beides nicht berauschend, wenn auch weit weg von den Minus 27,82 % im Jahr 2010! Die Plus 15% hat Vösendorf in den letzten zwanzig Jahren übrigens nie erreicht.

Die Historie der letzten Jahre seht ihr hier

Das war jetzt für diejenigen die es ganz genau interessiert. Auf den Punkt gebracht, gilt für Gemeinden genau dasselbe wie für jeden einzelnen Haushalt.

Je mehr Schulden ich habe, desto mehr Fixkosten habe ich, desto weniger kann ich mich finanziell bewegen.

Und deshalb bewegen wir uns zur Zeit ständig in einem Spagat auf der Gemeinde. Zum einen MÜSSEN wir in gewissen Bereichen Investitionen tätigen, zum anderen MÜSSEN wir die Schulden reduzieren, wenn wir wollen dass es irgendwann besser wird. Und das beides gleichzeitig.