Vier Jahre GGR Finanzen – Anfang

Für alle die es nicht wissen, ich bin eine politische Quereinsteigerin. Im Herbst 2019 fragte mich Hannes ob ich mit meiner Fachexpertise – 22 Jahre im Finanz-, Budget-, Buchaltungsbereich, 16 Jahre davon im Bundesdienst – nicht aktiv in den Gemeinderat wollen würde – und nicht nur unterstützend im Hintergrund bleiben. Erstmal wollte ich nicht, doch ich sah auch niemand anderen der einen ähnlichen Hintergrund hatte und aktiv was zum Finanzthema beitragen könnte. Also stellte ich mich zur Verfügung und wurde letztendlich tatsächlich im März 2020 zur geschäftsführenden Gemeinderätin für Finanzen in Vösendorf gewählt.

Genau eine Woche nach unserer konstituierenden Sitzung wurde der erste LockDown angekündigt und am Montag darauf sperrte die SCS zu. Der Ausfall der Kommunalsteuer traf Vösendorf enorm hart. Und kaum hatte ich die Buchhaltung der Gemeinde kennen gelernt, saßen wir gleich stundenlang zusammen und versuchten herauszufinden was wir tun konnten um die Liquidität zu erhalten. Letztendlich stundeten wir unsere Darlehen und stellten sicher, dass die Gemeindebediensteten auch weiterhin ihr Gehalt und die Lieferanten ihr Geld bekommen würden. Ehrlich gesagt hat mich sehr schockiert, wie wenig Geld bei der angeblich reichsten Gemeinde Österreichs vorhanden war. Alles was ich sah waren enorme Fixkosten und ein hoher Schuldenberg.

Dazu kam die Umstellung der Buchhaltung von der Kameralistik auf das neue Haushaltsrecht auf der Gemeinde. Mein Vorteil, ich hatte das 2013 bereits im Bundesdienst hinter mich gebracht und kannte die Unterschiede. Davon profitierte natürlich auch die Buchhaltung. Im Gegenzug lernte ich viel in dieser Zeit über die Budgetcharakteristika von Gemeinden.

Im ersten LockDown verbrachte ich viele Stunden in der Buchhaltung und lies mir mal alle Abläufe ganz genau erklären.

Gemeindebudget IV – Darlehen

Wie bereits in den vorhergehenden Beiträgen beschrieben, stellen wir die voraussichtlichen Einnahmen den benötigten Ausgaben gegenüber. Sollte nach den Ermessensausgaben nichts mehr übrig bleiben, müssen wir die geplanten Projekte mit neuen Darlehen finanzieren.

Als ich im Frühjahr 2020 die Funktion als GGR Finanzen übernommen habe, hatten wir einen Schuldenstand von 38,3 Mio Euro Schulden (Gemeinde und Kommunal GmbH gesamt). Als ich diese Zahl das erste Mal gesehen habe und das Jahresbudget der Gemeinde gegenüber gestellt habe, hätte ich am liebsten einen radikalen Sparkurs gestartet. Doch 14 Tage nach der Angelobung kam Corona und die SCS sperrte zu. Daraufhin mussten wir gleich mal unsere Darlehen stunden und konnte ein halbes Jahr, erstmal gar nichts abbauen.

Und auch danach ging nicht so viel, wie ich gerne gehabt hätte. Neues Feuerwehrauto, neues Müllauto, Kanaleinbruch, und und und. Um die Daseinsvorsorge sicherstellen zu können, braucht es sehr viel mehr Geld, als ich mir vor meiner Zeit als Gemeindrätin vorstellen hätte können.

Doch bisher konnten wir trotzdem jedes Jahr zumindest ein wenig Schulden abbauen. Von 38,3 Mio Euro auf 35,3 Mio Euro. 3 Millionen in 3 Jahren. Das kann sich eigentlich sehen lassen, auch wenn es mir viel zu wenig ist.

Heuer haben wir bis jetzt noch kein Darlehen benötigt, doch der Blick aufs Girokonto sagt mir, das wird nicht so bleiben.

Quelle: Rechnungsabschlüsse Gemeinde Vösendorf und Bilanzen Kommunal GmbH

Persönliche Halbzeitbilanz

Unglaublich, aber wir haben tatsächlich bereits Halbzeit! Ich bin bereits 2 1/2 Jahre als GGR Finanzen tätig und bis zur nächsten Wahl/Angelobung sind es nochmal 2 1/2 Jahre.

Die Zeit verging ehrlich gesagt wie im Flug! Eine Woche nach der Angelobung im März 2020 kam der erste LockDown. Und kaum war ich als GGR Finanzen angelobt, fiel mir eine der Haupteinnahmequellen der Gemeinde Vösendorf – Kommunalsteuer aus der SCS – weg. Da die Kurzarbeit nicht für öffentlich Bedienstete möglich war, blieben die Personalkosten gleich hoch, die einzige Möglichkeit schnell zu reagieren war, die Darlehensrückzahlungen zu stunden um die Liquidität zu erhalten. Sehr viele, sehr schwerwiegende Entscheidungen mussten getroffen werden, kaum dass ich die Büros der Buchhaltung gefunden hatte.

Wir begannen alle Budgetposten zu hinterfragen, prüften auf Möglichkeiten zur Ausgabenreduktion. Verträge wurden überprüft, Ausschreibungen durchgeführt und Bereiche neu vergeben. Leider konnte ich die bestehenden Schulden aufgrund der Pandemie nicht in der erhofften Höhe reduzieren, aber wir haben es trotz Krisenmodus geschafft, den richtigen Weg einzuschlagen. Seit 2019 konnte der Schuldenstand von 38,9 Mio Euro auf 36,6 Mio Euro reduziert werden (Stand 31.12.2021). Immerhin € 2,3 Mio in zwei Krisenjahren! Dieser Weg wird natürlich auch heuer weiter fortgesetzt.

Einer meiner zwei Punkte die ich mir persönlich vorgenommen habe im Wahlkampf, konnte ich also bisher trotz aller Widrigkeiten umsetzen.

Der zweite Punkt der mir persönlich sehr am Herzen liegt ist das Thema Transparenz. Was natürlich gerade im Budgetbereich überaus wichtig, aber auch komplex ist! Auch wenn die Budgetdaten öffentlich zugänglich sind, ist dies für Gemeindebürgern, die nicht vom Fach sind, definitiv zu wenig. Ohne Erklärung sind die Budgetdaten kaum verständlich. Dies ist auch der Grund für diesen Blog. Ich wollte versuchen, meine Materie verständlich aufzubereiten.

Ich denke das gelingt mir bisher recht gut, entnehme ich zumindest den Rückmeldungen. Natürlich schreibe ich auch weiterhin für die Gemeindemitteilung, wenn es ein aktuelles Thema gibt. Alle Gemeindebürger erreicht man so zwar trotzdem nicht, aber hoffentlich zumindest diejenigen, die sich für die Gemeindefinanzen interessieren.

Herausfordernde Zeiten liegen bereits hinter uns, die Inflation und die Teuerungen lassen auch noch herausfordernde Zeiten vor uns erwarten. Zu meinem Glück habe ich auf der Gemeinde mit den Buchhaltungsdamen ein top Team, mit dem ich perfekt zusammen arbeiten kann.

Persönlich habe ich in den letzten zweieinhalb Jahren auch einiges lernen dürfen, was mich auch auf meinem persönlichen Weg enorm weitergebracht hat. Auch wenn es manchmal sehr stressig wird mit allen Aufgaben, bin ich sehr dankbar über die Chance die ich erhalten habe. Und ich denke, ich konnte sie bisher auch bestmöglich nutzen. Dank des tollen Teams rund um mich (Gemeinde und Gemeinderäte) fühle ich mich auch gewappnet für die nächsten zweieinhalb Jahre und alle noch kommenden Krisen.